Nachruf auf den Ehrenvorsitzenden Reinhart Kautz

20.10.2022 von VEF
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Reinhart Kautz
10.08.1936 – 13.10.2022

Bild von Reinhart Kautz

Reinhart Kautz ist tot. Er starb am 13.10.2022 nach langer Krankheit im Alter von 86 Jahren. Die
ehemaligen Friederizianer werden ihn als immer zielsicheren
Wegbegleiter, prägende Persönlichkeit und Motor aller möglichen Aktivitäten im Gedächtnis
behalten.

Reinhart Kautz gehörte zu der Generation, deren Kindheit und erste Schuljahre durch Krieg und
Nachkriegswirren schwer belastet und gestört waren. Seine Familie gehörte zu den ungezählten,
die Heimat und Existenzgrundlage verloren haben und sich in Herford eine neue Existenz
aufbauen mussten. So kam Reinhart Kautz auch erst etwas später zum Friedrichs-Gymnasium als
das etwa bei späteren Jahrgängen üblich war. Nach dem Abitur trat er 1958 der Ehemaligen-
Vereinigung bei. Und diese Vereinigung ist ohne seine vielfältigen Aktivitäten kaum denkbar, ja,
wahrscheinlich würde es sie ohne seine Aktivitäten kaum mehr geben. 1958 war das kaum
vorstellbar: die Ehemaligen-Vereinigung hatte 556 Mitglieder und außer den traditionellen
Pickert- und Grünkohlessen gab es jährliche Stiftungsfeste im Kurhaus Bad Salzuflen oder im
Herforder Schützenhof – in “Abendgarderobe”.

Reinhart Kautz wurde 1977 zweiter Vorsitzender der Vereinigung; Vorsitzender war Bernhard
Otto, der 1978 durch Georg Boecker abgelöst wurde. 1984 wurde Kautz Vorsitzender und er
blieb es bis 2008, als er auf eigenen Wunsch hin zurücktrat.

Der besondere Zugewinn in der Vereinsarbeit durch Reinhart Kautz wurde sofort deutlich: 1978
begannen die jährlichen “Tagesfahrten” der Vereinigung in Städte der Umgebung, aber auch nach
Apeldoorn und Quedlinburg, die bis 2002 fortgeführt wurden. 1979 folgten die internationalen
Reisen, die in fast jedem Jahr nach Italien oder Griechenland, später auch nach Pommern und in
die Türkei führten, zuletzt 2017 auf den Spuren des Staufers Friedrich II. von Neapel bis Bari.
Besonders diese Reisen wurden von den Reisegefährten sehr geschätzt, weil Reinhart Kautz es
verstand, Geschichte, Kulinarik und Atmosphäre miteinander zu verbinden. Neben den lokalen
Zielen, den Herbergen und Gaststätten waren besonders die örtlichen Führer sehr sorgfältig
ausgewählt – all dies war Reinhart Kautz durch seine vielfältigen internationalen Kontakte
möglich, die er sich im Zusammenhang mit seiner neuen Herforder Existenz aufgebaut hatte.
Davon konnten auch die letzten Fahrten profitieren, an denen Reinhart Kautz krankheitshalber
nicht mehr selber teilnehmen konnte, die aber ganz in seinem Sinne von Rolf Höffgen
übernommen und durchgeführt wurden.

1988 sorgte Reinhart Kautz maßgeblich mit für die Gründung des Stifterverbandes Fridericianum
e.V., um der Schule auf diesem Wege noch größere und nachhaltigere Unterstützung zukommen
lassen zu können als das über die Ehemaligen-Vereinigung möglich gewesen wäre.
1990 – anlässlich des 450jährigen Bestehens der Schule als städtisches Gymnasium – folgte ein
erstes “Großes Ehemaligen-Treffen”, das maßgeblich durch Reinhart Kautz – mit großer
Unterstützung der Schule – vorbereitet und organisiert wurde. Fünf weitere erfolgreiche Treffen
dieser Art folgten von 1995 bis 2015.

2004 folgte nach langer Vorbereitung die Verabschiedung einer neuen Satzung für die
Vereinigung, die alte war nicht mehr zeitgemäß.

Als ich 1997 Schriftleiter des FRIEDERIZIANERs wurde, habe ich mich durchaus mit
Ansprüchen des Vorsitzenden Reinhart Kautz konfrontiert gesehen – ja, er hatte seine Ansprüche
und konnte sie deutlich machen. Er war nicht langweilig, er bewegte und er schuf eine
vertrauensvolle Atmosphäre, die das Arbeiten erleichterte. Man konnte seiner Unterstützung in
der gemeinsamen Arbeit sicher sein. Reinhart Kautz war in der Ehemaligen-Vereinigung
jederzeit präsent und weder zu überhören noch zu übersehen – all dies aber in einer Art, die die
Anwesenden jederzeit für ihn einnahm. Umso mehr hat er uns in den letzten Jahren gefehlt, als er
aufgrund einer schweren Erkrankung erst in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt wurde und
schließlich sich ganz auf das private Umfeld zurückziehen musste. Seine Frau Inge ist diesen
Weg – wie so viele andere vorher – mit ihm gegangen und ihr gehört unsere volle Anteilnahme.

Reinhart Kautz war seit 2008 Ehrenvorsitzender der Vereinigung ehemaliger Friederizianer und
Friederianerinnen – zu Recht, denn nach dem Gründungs-Vorsitzenden der Vereinigung, Fritz
Böckelmann (1911-1933), gibt es wohl außer ihm keinen Vorsitzenden, der das Leben der
Vereinigung in gleicher Weise geprägt hat. Durch seine lange Vorstandstätigkeit hat er zugleich
dafür gesorgt, dass das Leben der Vereinigung über viele Jahre hin nachvollziehbar war und ist,
dass die Akten gesammelt wurden und als Depositum in das Kommunalarchiv der Stadt Herford
gekommen sind.

Dr. Rainer Brackhane